Diabetologen eG Aktuell 2/2016

im folgenden eine aktuelle Information zur BZ-Teststreifenverordnung, im Anhang finden Sie die Information ausführlicher und eine Stellungnahme von Johnson & Johnson und Lifescan die mich um

Verbreitung baten, sowie eine Stellungnahme des Verbands der Diagnostika Industrie (VDGH) „Open House“-Verfahren der AOK Baden-Württemberg, BZ Teststreifen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

Die AOK Baden-Württemberg ist neben der DAK die zweite Krankenkasse in Baden-Württemberg, die ein „Open House“ Rabattkonstrukt anbietet. In den nächsten vier Jahren können sich alle Hersteller von Blutzuckermessgeräten beteiligen. Bei Eintritt in den Vertrag akzeptierten diese einen einheitlichen

Rabatt auf den aktuell gültigen Erstattungspreis, den sie der Kasse gewähren.

Die Qualität der Produkte ist dabei nicht entscheidend

Qualitätskriterien, wie die Erfüllung der neuen ISO-Norm 15197, sind für einen Beitritt nicht notwendig. Dies ist aus Patientensicht jedoch höchst bedenklich. Sollten sich nur wenige Anbieter am Vertrag beteiligen, könnte in Kauf genommen werden, dass qualitativ weniger geeignete Teststreifen zum Einsatz kommen. Doch laut einer Untersuchung des Instituts für Diabetes-Technologie an der Universität Ulm erfüllen noch nicht alle Blutzuckermessgeräte in Deutschland die neue ISO-Norm[1].

Vorteil liegt allein bei den Krankenkassen
Nach wie vor sind wir Ärzte frei in der Verordnung von Art und Menge von Blutzuckerteststreifen, auch wenn dies anders suggeriert wird. Stellungnahmen der KV Westfalen-Lippe und des VDGH klären auf, dass die
„Orientierungswerte“ für eine „wirtschaftliche Verordnungsmenge“ nicht bindend sind – gleiches gilt für den Hinweis in der Praxissoftware auf rabattierte Produkte.

Die Verordnung von Teststreifen gleich welcher Preisgruppe hat keine negative Konsequenzen.

Die von den Herstellern gewährte Ausgleichszahlung („Rabatt“) fließt direkt an die Krankenkasse und wird nicht im „Arzneimittelbudget“ berücksichtigt. Nur im Falle eines Regresses wegen einer unwirtschaftlichen Verordnung von Blutzuckerteststreifen werden diese Rabatte berücksichtigt. Bisher ist uns nicht bekannt, dass jemals solch eine Regressforderung durchgesetzt wurde. Auch für den Apotheker ist das Erscheinen der Rabattverträge in der Apotheken-Software ohne rechtliche Bindung. Für die Erstattungspreise gelten nach wie vor der AOK-Arzneiversorgungs- bzw. der VdEK-Arzneimittelvertrag.

In einem Schreiben der DAK wurden Patienten gebeten, mit dem Brief zu ihrem Arzt zu gehen und ihr bisheriges Blutzuckermessgerät gegen ein rabattiertes Produkt abzutauschen. Dieses Schreiben hat ebenso keinen verpflichtenden Charakter. Bei einem Wechsel des Messgerätes wird jedoch seitens der Kassen ausdrücklich hingewiesen, dass dieses dem Patienten zu schulen ist – der Aufwand liegt also ganz bei uns.

Sicher wirtschaftlich verordnen

Auch wenn das Oberlandesgericht Düsseldorf das „Open-House“-Verfahren nach bestimmten Kriterien erlaubt (Beschluss vom 13.08.2014), so hat es dennoch die grundsätzliche Frage, ob ein solches Verfahren überhaupt nach Richtlinie 2004/18/EG zulässig ist, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Entscheidet sich der EuGH gegen die Zulässigkeit, wovon viele Experten ausgehen, dann wären die entsprechend vergebenen Aufträge nichtig, so der „Deutsche AnwaltSpiegel“.

Ein erhebliches zusätzliches Einsparpotential ergibt sich jedoch auch bei der Verordnung des gesamten Quartalsbedarfs. Für alle Blutzuckerteststreifen gelten günstigere Preise bei der Verordnung größerer Mengen pro Rezept. So sinkt der Preis ab Verordnung von 103 Stück und nochmals ab 300 Stück pro Rezept. Ein Regress muss hierdurch nicht befürchtet werden, wenn die Gesamtverordnungsmenge medizinisch begründet ist, je nach Insulintherapie-Regime. Nicht insulinbehandelte Patienten haben im Regelfall kein Anrecht auf
BZ Testreifen auf Kassenrezept. (ICT: 5 Messungen am Tag: ca 450/ Quartal, BOT: alle 1-2 Wochen 4 Messungen pro Tag: ca. 50 pro Quartal).

Das heißt für uns Ärzte, dass wir wirtschaftlich verordnen können ohne unseren Anspruch an medizinische Qualität und unsere Therapiefreiheit aufzugeben. Wir müssen uns also nicht in unsicherem Terrain bewegen, um
dazu beizutragen die Kosten für das Solidarsystem zu senken. Aber es ist auch klar, dass jede Einsparung von Geldern sinnvoll ist, wenn sie ohne wesentliche Qualitätseinbußen einhergeht. Die Versorgung von
Kassenpatienten kann und soll nicht maximal, sondern ausreichen und wirtschaftlich sein. Wir dürfen nicht an dem Ast sägen auf dem wir sitzen.

Also bilden Sie sich ihre eigene Meinung und diskutieren sie innerhalb unserer Genossenschaft mit uns.


Mit herzlichen Ostergrüßen
Ihr
Richard Daikeler
Vorstand von DIALOG B-W